Adventszeit mit «Cortège» in der Basler Innerstadt
Prolog: Kurzer geschichtlicher Rückblick
1959: Unser Zeedeldichter Willi kann sich noch an die Bundesratswahl von Hans-Peter Tschudi erinnern. Die Kinder bekamen für den Empfang in Basel sogar schulfrei und durften dem gewählten Bundesrat in der Stadt Spalier stehen.
1964: Der Schreibende erinnert sich immerhin noch an Tschudis Wahl als Bundesratspräsident, als er mit Lampion bestückt in der Freien Strasse mit Kindern des Rosentalschulhauses (heute ist dort das hübsche Mubaparking) den Festumzug bestaunen durfte. Tschudis Karriere endete 1973, also vor 50 Jahren.
2022 war die NICHT-Wahl von Eva Herzog in den Bundesrat. Eine in der Zwischenzeit allseits bekannte Liebhaberin der Schwarznasenschafe hat uns Stadtbaslern damals den Bundesratsposten weggeschnappt. Doch es sollte ein Jahr später für unsere Region Basel in doppelter Hinsicht doch noch zu einem Happy End kommen.
Akt 1: Feier Nationalrats- und Ständeratspräsidien in der Basler Innerstadt
Bereits am frühen Nachmittag des Nigginäggi-Tages 2023 ist die Mittlere Brücke für den ÖV und sogar für Velos gesperrt. Passanten munkeln, dass wohl wieder eine Demo stattfindet. Doch es gibt für unsere Region etwas zu feiern.
Von den Rhyschnoogge treffen sich beim Lällekeenig die stattliche Zahl von einem halben Dutzend Pfeiferinnen und einem Tambour (namentlich genannt für die Geschichtsbücher: Miriam, Tamara, Christine, Sarah, Kathrin, Daniela und Markus). Mit etwas Verstärkung aus anderen Cliquen sind ca. 140 Pfeiferinnen (ja, v.a. ladies) und 50 bis 60 Tambouren (ja, meist männlich) dabei. Schön, dass «Stäggeladärnebuebe», Bannerherren und Vorstände der Basler Zünfte und Gesellschaften unseren «Vortrab» zu einem Monsterumzug ergänzen. Im Zentrum der Feier stehen natürlich die frisch gewählten Eva Herzog (BS) und Nussbaumer (nicht unser FCB-Guschti, sondern Eric aus BL), sowie zwei Bundesräte mit je einem Weibel. Die vielen geladenen Gäste haben vorher Liestal beehrt und eine Rheinschifffahrt genossen. Das Dabeisein von den diskreten Personen mit dem berühmten Knopf im Ohr darf hier aus Sicherheitsgründen nicht erwähnt werden.
Event Manager Andreas Kurz hat den Umzugsteil minutiös geplant. Gegen 16 Uhr gibt Tambourmajor Martin von Wyl (Gundeli) das Kommando: “Die Alte, vorwärts, marsch». Den Baulärm vom Globus decken wir mit unseren musikalischen Fasnachtsklängen problemlos zu. D Naarebainli, in Basler Tracht in der ersten Pfeierinnenreihe, marschieren jedoch nicht weg. Bei den Hambachern stehen wir immer noch am selben Ort in der Eisengasse. Seltsam, heute kann es doch keinen Waggiswagen-Stau geben. Viel später löst sich das Rätsel auf: Die Gäste des 2. Rheinschiffes mussten auch noch von Bord gehen und sich in den Umzug einreihen. Los geht’s.
Ganze 250 Meter später, Ende Marktplatz, ist der erste Teil des Umzuges bereits vorbei. Für die erschöpften Fasnächtler gibt es Unser Bier und Hotdog. Bald lauschen auch wir andächtig den Reden vor dem Rathaus.
Als Highlight gässle die 200 musizierenden Fasnächtler(innen) die weihnachtlich beleuchtete Freie Strasse hinauf. Für uns Rhyschnoogge ist dies eigentlich seltsam, denn sonst gässle wir dort fast immer nur runter...
Derweil hunderte von Gästen zu den offiziellen Anlässen ins Stadtcasino und zum Bankett in die Sporthalle pilgern, ist für uns der Anlass beendet. Statt in den Braunen Mutz (wie angekündigt auf eigene Kosten) gibt’s für d Rhyschnoogge etwas Wärmendes am Weihnachtsmarkt, sponsored by the Obfrau-Family.
Akt 2: «Jans im Glück» (Zitat Baz)
Am 13. Dezember 2023 ist es klar: 50 Jahre nach Tschudis Rücktritt hat der Kanton Basel-Stadt wieder einen Bundesrat, Beat Jans. Gut eine Woche später sind Anfang Nachmittag die Trämli ab Wettsteinplatz voll mit festlich gekleideten Fasnächtlern, Stäggeladärne und Schuggern (keine Angst: nur Mitglieder der Polizeimusik).
Lassen wir doch unsere Obfrau Daniela im Infomail zu Wort kommen: «Es freut mi, dass mer d Rhyschnoogge mit 3 Damboure, 7 Pfyfferinne und 2 Vorträbler verträte. Das wird mega und eimolig mit 280 Pfyffer:inne und 120 Dambour:inne. Nach däm Umzug sin mer denn wieder sattelfescht bi de Alte und Feschtspiel.«
Im Vergleich zu den «Präsidienfeiern» vor 2 Wochen hat sich die Rhyschnooogge- Selection verdoppelt. Dabei sind einige Pfeiferinnen (neu dabei: Barbara), die Tambouren Leu, Dave und Markus, sowie 2 Vorträbler (unser Tambourmajor in neuer Rolle und Simon) die zusammen EINE Stäggeladärne tragen dürfen. Videoanalysen von diversen Filmaufnahmen bezeugen, dass sich am Bahnhof SBB gesamthaft 50 Reihen Pfeifer und 20 Reihen Tambouren in 6er-Reihen bereit machen. Am heutigen Festumzug sind zusätzlich auch die Basler Polizeimusik und die Basler Trommelakademie dabei.
Speziell in der Freien Strasse hat es so viel Volk wie am Bummelsonntag. Wir alle trommeln die beiden Pianoverse des Ryslaifer wirklich piano. Pfyffer Retraite, Arabi, das Auffrischen des Rossignol und der Festspiel ergänzen das Repertoire des Advents-Cortège.
Challenge am Marktplatz: Die Bühne und das Trottoir mit Gästen verengt den Umzug von 6er- in enge 3er-Reihen. Auch dies schaffen wir. Statt dem Comité erwartet uns dort eine Stärkung mit Herrgöttlibier, sowie die Grossrats-Clique inkl. Balz mit einem Ständeli. Es folgen Reden und ein Auftritt des Surprizechors.
Da wir uns in einer Baiz kurz aufwärmen verpassen wir, dass früher eingestanden wird. Die Pfeiferinnen schaffen es noch zum Einstehen in der Eisengasse. Viele andere Fasnächtler formieren hinter den vielen Gästen eine zweite Clique.
Im Kleinbasel gibt es ein Volksfest mit Unterhaltung. Einzelne erleben auf der Claraplatzbühne Beat Jans als Schlagzeuger, andere schaffen es via Sicherheitskontrolle ins Volkshaus mit Brandhärdkonzert der Allschwiler Hip-Hoper-Band. Über die bewilligte Freinacht kann der Schreibende nicht viel erzählen. Die Trommel wollte heim.
Epilog und Fazit
Danke allen Teilnehmenden, den Fotolieferanten und vor allem dir, dass du diesen langen Text bis zum Schluss durchgelesen hast.
Die Teilnahme an diesen Monsterumzügen hat allen Teilnehmenden Spass gemacht. Komisch, dass so wenige Rhyschnoogge dabei sein konnten. Vermutlich waren nicht alle am Fasnachts-Grill der Adventsgasse. Das Fehlen könnte durch Arbeit, «Adventsstress», die «falsche» Partei oder gar Protest gegen ein (zu) teures Fest begründet sein. Vielleicht hilft in Zukunft das Zückerli, solche Anlässe oder Ständeli als Bonus zu den benötigten 60 % Übungsstundenbesuch mitzurechnen! Bis zum nächsten Basler Bundesrat oder Bundesrätin, gemäss Statistik wohl in 50 Jahren anno 2073, bleibt allen genug Zeit, um über eine allfällige Teilnahme nachzudenken.
Markus Baur